
Titel: Besuch in Budapest (2008), Format: 270 x 190 cm, Technik: Acryl auf Leinwand
von Christoph Geisselhart und Rolf Sieber.
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Wer die riesigen, glitzernden Showbühnen gesehen hat, auf der die Träume von Ruhm und Erfolg für Menschen wie du und ich im Fernsehen Wirklichkeit werden sollen, kann nachvollziehen, weshalb wir inzwischen dazu neigen, das Leben als Castingshow aufzufassen. Es gibt heute praktisch kein Publikum mehr, das nicht im nächsten Moment als der Star auf der Bühne auftauchen kann. Es gibt auch keinen Vernissagenbesucher mehr, der nicht am nächsten Tag im Künstlerbedarfsgroßhandel auftauchen kann, um Pinsel, Leinwand und Handbuch einzukaufen, um die noch freien Wände seiner Wohnung mit eigenen Werken auszuschmücken. Ob das für die Kunst gut ist oder nicht, bleibt vorerst offen. Tatsache ist nur, dass die Künstlerbedarfshändler davon profitieren - allerdings in weit geringerem Maß als etwa die Telefonanbieter der Castingshows, die mit jeder Abstimmung Millionen an Gebühren verdienen.
Wohin führt das alles? Pessimistisch betrachtet, müsste die Qualität zeitgenössischer Kunst und Kultur durch die Einwirkungen des kapitalistischen Selbstverwirklichungswahns immer schlechter werden. Die wahren und guten Künstler sterben aus, sofern sie es sich nicht leisten können, Kunst zu machen, die unabhängig vom schlechten Massengeschmack ist und darob in Lagerhallen oder Ateliers ungesehen verstaubt. Eines Tages freilich kommen wir auf diese Weise wieder dahin, dass Kunst ein Privileg ist - wie in vergangenen Jahrhunderten, als reiche Fürsten sich ihre Hofmaler hielten und gelangweilte Landadlige unsterbliche literarische Werke erschufen (und dabei nicht selten grandios verarmten). Das Leben verläuft in konzentrischen Kreisen. Auch wenn das im Moment niemanden interessiert. -----> "Deutschland sucht"
Zum Abschluss der dreibändigen Biografie "Maximum Rock" über die britische Rocklegende The Who sind wir noch einmal zu unseren Wurzeln zurück gekehrt. Rockmusik war für uns beide ein prägender Auslöser, in der Kunst tätig zu werden. Das Ideal der kreativ agierenden Künstlergruppe wurde von Rockbands entwickelt. Jugendlicher Zorn und sexuelle Frustration wurden in der Rockmusik kanalisiert. Ist das heute noch so? Oder sind Jugendliche dieser Möglichkeit beraubt worden und leben ihre Wut und Frustrationen im Internet oder in Videospielen aus? Mehr Rockmusik-Bilder in unserem Zyklus "Rock On Canvas"
Oft werden Künstler gefragt, woher sie Kreativität beziehen? Aus psychologischer Sicht lautet unsere Antwort: aus der Neugier. Maler sind vergleichbar mit Forschern auf einer Expedition, die entdecken, indem sie vorangehen. Wir entdecken beim Malen.
Über dieser spielerischen Motivation steht eine spirituelle Erkenntnis. Kreativität entsteht jenseits der Ordnung. Man muss die Dinge zunächst einmal ganz anders machen. In der Malerei geht es keineswegs nur um handwerkliches Können, sondern vor allem um die Fähigkeit, das Chaos entstehen zu lassen, damit man es kunstvoll neu ordnen kann. Eine unserer frühen Thesen lautete: "Der Maler soll blind sein." Das klingt absurd, stammt aber aus Erfahrung und ist unserer Erkenntnis nach richtig: Wenn wir ohne vorgefertigte Bilder geführt werden, gelangen wir zu einer Sicht auf die Wirklichkeit, die neu ist und die wir abbilden können, obwohl sie noch keiner vor uns gesehen hat.
Dazu haben wir - unbewusst oder zufällig - verschiedene Techniken entwickelt, die sicherlich genauso befremdlich klingen wie unsere Thesen und die an keiner Kunstakademie gelehrt werden. Lachen und Blödeln zum Beispiel. Unsere heiligsten Bilder sind nach Lachkrämpfen entstanden.
Ein weiterer erfolgreicher Trick, den wir anwenden, um die "doors of perception" zu öffnen und den wir 1996 eher versehentlich entdeckten, als wir noch keine Ahnung hatten, wie wir unsere ersten überlebensgroßen Leinwände gemeinsamen bemalen sollten, lautet: Male mit der linken Hand. Die Geste entstand tatsächlich aus tiefer Frustration. Wir sind beide Rechtshänder, aber wenn die rechte Hand nichts Brauchbares zustande bringt, kann man auch gleich mit der linken dilettieren. Und siehe da, wenn du etwas auf eine Weise tust, die ganz und gar nicht dem Herkömmlichen entspricht, kommst du einen Schritt weiter. Etwas scheint aus dem Unfertigen hervor wie ein Wissen, dass du so und nicht anders weitermachen musst.
"Ariadnes Raum", unsere 1996 begonnene Installation aus 240 individuell bearbeiteten Büchern, die mit Schnüren zu einem schwebenden Labyrinth verknüpft werden, ist abgeschlossen. Auf www.ariadnesraum.blogspot.com gibt es weitere Informationen und ein Video untermalt mit Musik, die von Pete Townshends (The Who) Kompositionssoftware erzeugt wurde und ein musikalisches Porträt der Künstler wiederspiegelt.
Die Leinwand ist eine Membran. Sie ist von beiden Seiten durchlässig. Als Maler suchen wir im transpersonalen Raum.
Bevor wir anfingen, gemeinsam zu malen, haben wir zwei Jahre lang auf riesige Trommeln eingeschlagen. Deren Membrane bestanden aus afrikanischem Tierfell, Ziege oder Gnu. Die größte Trommel hing zwischen uns, und die Aktion des anderen drang durch den ausgehöhlten Baumstamm wie ein Donnerschlag; man musste darauf reagieren. Daraus wurde ein Ritual. Heute tragen wir es auf der Leinwand aus. Sie ist eine Membran. Vita ----->